Samstag, 24. Januar 2015

Die erste Woche in finnisch Lappland

Nun ist die erste von sechseinhalb Wochen fast wie im Flug vergangen. Und  mein Hirn hat sehr damit zu tun, alle diese faszinierenden Eindrücke und Erlebnisse, Gespräche und Situationen irgendwie bei sich zu behalten und verarbeiten.

Es ist wirklich überaus faszinierend, dieses Land. Viele der Menschen hier erzählen mit einer solch enormen Leidenschaft von "Ihrem" Lappland und auch davon, dass der Sommer unglaublich schön ist. Es ist sehr spannend und auch berührend, wie sehr sich die Menschen hier wohl fühlen und ihr Land zu schätzen wissen. Eben mit allen klimatischen Gegebenheiten im Winter (so fällt einfach öfter bei extrem niedrigen Temperaturen der Strom aus und Menschen haben dann einfach ein lächeln im Gesicht) und auch den besonderen Schönheiten der Mitternachtssonne im Sommer.

Inzwischen finde auch ich mich in dieser winterlich-nordischen Wildnis irgendwie wieder. An die niedrigen Temperaturen kann man sich erstaunlich gut gewöhnen. Da sind dann "nur" -15°C gar nicht mehr wirklich kalt. So etwas kennt man aus Deutschland gar nicht wirklich. Wenn Gäste aus Deutschland hier ankommen, dann staunen sie erst einmal, wie kalt es tatsächlich im Norden sein kann.

So folgt das Leben hier ganz klar einem bestimmten Rythmus, der sich sehr an die äußeren Bedingungen anlehnt. Denn die Natur und die Kälte hat alles so fest im Griff, dass es schließlich auch nicht wirklich etwas bringen würde, sich darüber aufzuregen. Wozu auch. Es ist eben einfach wie ist. Und das ist gut so. Damit geht eine gewisse Gelassenheit und Ruhe von den Menschen aus, um die ich ssie wirklich beneide und bewundere. Das ist etwas sehr Angenehmes.

In den letzten Tagen war für mich einiges an Action geboten hier rund um Ylläsjärvi und Äkäslompolo. Die ein oder andere Nacht halte ich immer wieder Ausschau nach den Polarlichtern. Vor drei Tagen gab es dann wieder bei klarem Himmer einige schöne Formen und Farben zu sehen. So habe ich mich also aufgemacht, mir Schneeschuhe an die Füße zu schnellen und abseits des Skigebietes am Ylläs einige Hügel hinauf zu steigen. Je höher ich kam, desto wärmer wurde es dann auch. Als ich fast oben war, herrschten ca. -15°C, während es an meinem Wohnstandort in Ylläsjärvi -30°C in der Nacht waren. So sinkt die kalte Luft wie in einen großen Trog hinab und friert alle tiefer liegenden Gebiete tief.

Am darauf folgenden Tag ging es dann mit einer Gruppe hinaus zur Rentier-Farm. Dort wurden von uns allen gemeinsam die Rentiere vor die hangefertigten Schlitten eingespannt und ab ging die Post auf einen fünf Kilometer langen Ritt durch die morgendliche Wildnis. Es sind schon wirklich herzallerliebste Geschöpfe, diese Rentiere. Und doch... Es sind kraftvolle Tiere, die manchmal auch Ihren eigenen Kopf haben. Sie leben in einem extremen Umfeld. Da ist es für diese Tiere notwenig, sehr gut angepasst zu sein. Mit einem sehr dichten Fell, dessen Haare innen hohl sind, sind die Rentiere bei allen Temperaturen gut geschützt. Während des Laufs nehmen sie immer wieder Schnee auf. Auf diese Weise "trinken" die Rentiere und gleichen Ihren Flüssigkeitshaushalt aus. Im Winter gibt es hier in der Natur kein Wasser in flüssiger Form. Kaum vorstellbar, aber wahr. Als wir dann zurückkamen, gab es für die fleißigen Zugtiere noch einenganzen Sack voller Rentierflechte. Dafür vergisst sich sogar ein Rentier und will nur noch an die Flechte ran... Die Menschen sind dann in eine, von einem angenehm prasselnden Feuer erwämten Hütte, zu einem Becher heißen Beerensaftes zusammengekommen, der hier aus selbst gesammelten Waldbeeren hergestellt wird. Diesen gab es in den traditionellen, aus Birkenholz gefertigten Tassen, namens Kuksa. Einfach nur gut... und warm...

Natürlich dürfen auch Schneeschuh-Touren in einem solchen Gebiet, wie diesem hier auf keinen Fall fehlen. Auch das macht riesig Spaß und man stapft großen Schritten und großen Fußes querfeldein durch den noch unberührten, frischen (und auch hüfthohen) Schnee. Das kann dann für den Ein oder Anderen auch schnell mal zur sportlichen Prüfung werden. Vor allem dann, wenn man versucht, ganz vorne, als Erster die Spur für die darauffolgende Gruppe anzulegen. Auch hier erzählen einem die äußerst erfahrenen einheimischen Tour-Guides viel Spannendes rund um das Thema Moor, Forst und holzwirtschaftliche Nutzung. Man bekommt einen wunderbaren Eindruck davon, wie es auch heute hier in diesem Land für Viele, die sich in der Natur bewegen, eine Frage dessen ist, was gerade zur Verfügung steht und wie die Materialien genutzt werden können.

Das Leben hier ist sehr bewusst. Auch wenn es in anderen Teilen Finnlands sicherlich in wirtschaftlicher Hinsicht um die großflächige Nutzung von Rohstoffen gehen mag, so besinnt man sich hier durchaus auf traditionelle Werte und weiß diese in den modernen Alltag zu integrieren.

So langsam komme ich an, in einer Welt, die uns doch oft spannend, in gewisser Weise exotisch und fremd vorkommen mag und dabei dennoch eine - wie ich glaube - für viele von uns, eine urtümliche und besondere Faszination beinhaltet...

Das nächste Kapitel meiner Finnland-Erfahrungen kommt dann in Kürze, an dieser Stelle. Haltet Euch immer schön warm...

Kurz vor Aonnenuntergang

Sonnenuntergang um kurz vor 15.00 Uhr am Ylläs

Farben zur blauben Stunde, wie wir kaum kennen dürften

Auf der Rentier - Farm

Morgendlicher Ritt im Rentier - Schlitten

Polarlicht am Ylläs

Nostalgie auf Schneeschuh - Tour

Im Pulverschnee...

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